Betrieb

Ohrenschmaus

Kulinarisches Angebot, Einrichtung, Zielgruppe: Wer Restaurants oder Bars eröffnet, denkt an Vieles. Aber Musik? Die kommt schließlich oft von Spotify. Dabei hätte eine gut kuratierte Playlist positive Effekte auf Gästeerlebnis und Umsatz.

Ohne Göd ka Musi“, heißt’s im Volksmund – für die Gastro gilt eher das Gegenteil, wenn man weiß, wie es richtig geht. Denn was kaum ein Wirt bedenkt: Für einen guten Umsatz spielt nicht nur das Essen eine wichtige Rolle, auch die Musik muss passen. 50 % des Gästeerlebnisses, so heißt es, macht die Atmosphäre. Damit ist auch die Musikauswahl entscheidend, ob der Abend gut oder schlecht läuft. Leider setzen viele Gastronomen noch allzu oft auf loungigen Einheitsbrei oder servieren Schlager passend zur angebotenen Landesküche. Das kann jedoch bei der Kundschaft schnell danebengehen – Musik ist ein im-
mer noch unterschätztes, mächtiges Tool, mit dem durch gezielten Einsatz viel erreicht werden kann.

// SOUNDSPEZIALISTEN

ROOMVIBES

Das Welser Unternehmen bietet individuelle Soundkonzepte in den Bereichen 
Gastronomie, Hotellerie und Industrie an. 
Im Fokus steht die zielgruppengerechte Erstellung maßgeschneiderter Playlists. 
Diese kann dann vollautomatisch über einen multifunktionalen 
Touchscreen-Bildschirm im Betrieb abgespielt werden. Das Angebot umfasst auch 
Beratung in den Bereichen Akustik und Audiotechnik, die auf die jeweiligen 
architektonischen Bedingungen zugeschnitten ist.

www.roomvibes.com

Über hören und Schmecken

Das weiß auch Manuel Mraz, Restaurant-Manager von Mraz und Sohn. Zusammen mit seinem Vater Markus und Bruder Lukas betreibt er das Sternelokal in Wien, wo der studierte Jazz-Musiker auch seine Leidenschaft ausleben kann. Täglich sorgt er im Familienbetrieb mit einer neuen Auswahl für die akustische Untermalung, und zwar ganz nostalgisch mit Vinyl und Plattenspieler. „Musik ist wie eine schöne, emotionale Reise, die man beim Essen erleben kann, wenn man sich drauf einlässt. Die Dramaturgie der Reise versuche ich dabei immer dem Menü anzupassen und es damit zu unterstreichen“, so Mraz.

Doch während in anderen Spitzenrestaurants dem Geschmacks-, Geruch-, Seh- und Tastsinn sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt wird, kommt das Hören immer noch zu kurz. Dabei zeigen viele wissenschaftliche Erkenntnisse, dass gerade das akustische Ambiente, also die Mischung aus Raum, Material, Musik und den Gesprächen der Gäste, nicht nur ein wichtiger Bestandteil der Corporate Identity, sondern auch Teil des multisensorischen Erlebnisses ist. „Wenn man ein Lokal in drei Elemente teilt, also Kulinarik, Service und Musik, ist Musik eines der wichtigsten: Als Entertainer ist Musik, ob bewusst oder unbewusst wahrgenommen, mit das stärkste Mittel“, bestätigt der Restaurantleiter. Studien belegen, dass Gäste mehr verzehren, sich in ihrer Konsumgeschwindigkeit steuern lassen und sogar in ihrem persönlichen und Genussempfinden aktiv beeinflussbar sind, wenn die Musik stimmig ist. Eine Erhebung der AKM (Autoren – Komponisten – Musikverleger), die gemeinsam mit dem VVAT (Veranstalterverband Österreich) durchgeführt wurde, bestätigt, dass 44 % der Gäste mehr konsumieren, wenn die Musikkulisse passt.

Wie lässt sich das in der Praxis anwenden? Vorweg gesagt, es gibt keine musikalische Pauschallösung. Man sollte vor allem immer das eigene Restaurantkonzept und die Zielgruppe im Auge behalten und überlegen, welche Aspekte man verbessern möchte.

// ZEITGEIST-BÄCKER
Die Wiener Bäckerei Ströck setzt auf Musik von RoomVibes.
Die Playlists sind dabei genau auf die Filiale abgestimmt. 
Im hippen  Frühstückskonzept Feierabend tönt es ganz anders 
als in der Normalo-Bäckerei.

Der passende Mix

„Legst du die falsche Musik über das falsche Bild, haust du deine Gäste raus … Aber mit der richtigen Melodie und der richtigen Textur geht bei den Leuten ein Film im Kopf ab“, schwärmt Arndt-Helge Grap, General Manager von „Radiopark“ in Hamburg. Das Unternehmen bietet seit 20 Jahren individuell kuratierte Musikkonzepte für Restaurants, Hotels, Einzelhandel und Veranstaltungsorte an. „Die wirkliche Kraft in Filmszenen zum Beispiel kommt doch nur über die Musik – das lässt sich auch aufs Restaurant übertragen“, erklärt er. „Wenn Sie den ‚Weißen Hai‘ sehen und das Cello kommt nicht, ist die Szene nicht mehr gruselig. Wenn Sie einen 70er-Jahre-Song auflegen, haben Sie sofort die Klamotte im Kopf. Wenn man das erst mal begriffen hat, hat man schon halb gewonnen“, so Grap.

Dass das Musikgenre auch aktiv Einfluss auf das Konsumverhalten haben kann, zeigt eine britische Studie. Forscher spielten in einer Weinhandlung abwechselnd Popmusik und Klassik und verglichen dann die Verkaufszahlen. Das Spannende: Klassische Musik erhöhte den Umsatz verglichen mit den Charts um das Zweieinhalbfache! Dabei kauften die Kunden zwar nicht mehr Weinflaschen, dafür aber umso teurere. Bei deutscher Volksmusik wurden mehr deutsche Weine, bei französischen Chansons eher französische Weine gekauft. Mozart und Co. assoziieren viele von uns mit Kultur, vornehmem Geschmack und gehobenem Ansehen. Dieser sogenannte „Priming-Effekt" funktioniert natürlich nur bei unentschlossenen Kunden. Aber in der Gastronomie kann dieser Effekt genau zu diesem Zweck genutzt werden. Man lenkt den unentschlossenen Gast mit Hilfe der richtigen musikalischen Untermalung zum richtigen bzw. teureren Produkt. Damit ein solches Priming gelingt, sollte die Musik möglichst genau auf das Restaurant zugeschnitten sein. Hier ist es wichtig, dass das Genre zum eigenen Betrieb und zur Zielgruppe passt. Ein italienisches Restaurant, in dem „Griechischer Wein“ läuft macht sich genauso unglaubwürdig wie ein Gourmetrestaurant mit Helene Fischer.

Manuel Mraz spielt mit allen Genres: „Jazz, Hip Hop, Rock, Pop und auch schon mal Klassik. Zu Weihnachten spiele ich Tschaikowskis Nussknacker, aber auch Jimi Hendrix oder Grunge Rock von Morphine. Beim Jazz spiele ich alles von Charlie Parker über Miles Davis, Clifford Brown, John Coltrane und Wes Montgomery, der mich musikalisch mit seiner Jazzgitarre sehr geprägt und angezündet hat. Gerade ‚Lo-Fi Jazz‘ ist bei der jüngeren Generation total angesagt.“ Aber auch er hat immer ein Auge auf die Kundschaft. „Meine Playlist ändere ich dann spontan, wenn ich merke, das Klientel passt nicht – die Freiheit bleibt mir dann noch im Service.“

„MIT DER RICHTIGEN MELODIE UND TEXTUR GEHT BEI DEN GÄSTEN EIN FILM IM KOPF AB.“ (ARNDT-HELGE GARP, GENERAL MANAGER, RADIOPARK, HAMBURG)

// ZIELGRUPPEN-SOUNDTRACK

 

Das Hamburger Atelier F – French American Kitchen wird in Sachen Musik von Radiopark beraten. 
Gemixt mit Bossa, Soul und Loungeklängen passt sich die Musikauswahl der französisch-amerikanischen 
Speisekarte an. 
Tempo und Dramaturgie der Lieder sowie einzelne Zeitzonen sind von Radiopark geplant und richten sich 
nach Tageszeit und Gästeklientel.

Tempo und Lautstärke

Auch das Musiktempo hat einen entscheidenen Einfluss auf den Wohlfühlfaktor und damit darauf, wie viel Gäste konsumieren. Forscher fanden heraus, dass in einem Restaurant, in dem Jazz mit gemächlichen 70 Beats per Minute (bpm) lief, die Gäste länger blieben und ein Drittel mehr Getränke orderten als bei schnellen 92 Takten pro Minute. Außerdem konsumierten sie bei langsamerer Musik mehr Spirituosen, Desserts und Kaffees nach dem Hauptgang. Um die Aufenthaltsdauer auszudehnen und mehr Umsatz zu erzielen, sollte die Hintergrundmusik generell zwischen 70 und 80 bpm liegen. Das entspricht in etwa dem menschlichen Ruhepuls. In der Studie stieg der Gewinn des Restaurants dann im Allgemeinen um fast 15 %. Schnellrestaurants mit hohem Durchsatz sollten dagegen eher auf Uptempo-Nummern setzen, da ein hohes Tempo und größere Lautstärke Kaufgeschwindigkeit und Gästefluktuation erhöhen.

Auch ein Grund, warum die britisch-amerikanische Bar-Restaurantkette Hard Rock Café den Regler gerne mal nach oben schiebt. Nach eigenen Angaben wirkt sich dies positiv auf den Getränkeverkauf aus. Bei 22 % lauterer Musik trinken die Gäste um 26 % schneller. So kann man dieses Phänomen zum Beispiel nutzen, um am Abend die Belegungshäufigkeit und damit den Umsatz pro Sitzplatz zu steigern. Auch lässt sich die Lautstärke gezielt einsetzen, um Besucherströme zu lenken, wie zum Beispiel Gäste vom Restaurant an die Bar zu locken. Nicht immer ist laute Beschallung natürlich erwünscht – eine unterschwellige, dezente Hintergrundmusik sollte aber so eingestellt sein, dass sie unerwünschte Hintergrundgeräusche überdeckt und gleichzeitig nicht dominant ist. Das geht am besten bei etwa 50 Dezibel.

Manuel Mraz hält nichts davon, Musik zur Gewinnsteigerung einzusetzen: „Musik als Umsatzbooster widerspricht mir total – das ist nicht Teil unserer Philosophie. Da würde ich komplett an dem vorbeigehen, um was es mir bei Musik geht.“ Trotzdem sind für ihn die Dynamik und das Tempo bei der Auswahl seiner Platten sehr wichtig: „Der Künstler hat sich bei der Liedabfolge auf seiner Platte ja was gedacht. Und genauso ist es in der Küche bei der Menüabfolge. Ich fange bei der Vorspeise mit den langsamen und leiseren Klängen an, dann wird es immer wilder und lauter in Richtung Hauptgang, bevor es dann zum Dessert wieder leiser wird. Das zieht sich durch jede Playlist, die ich zusammenstelle – ähnlich wie der Spannungsbogen am Teller.“

 

// SOUNDSPEZIALISTEN

GASTROMEDIA

Musikplayer und Musik-Streaming-Lösungen stellt Gastro Media aus Graz zur Verfügung. 
Mit dem „Single Musik Player“ lässt sich in einem oder mehreren Bereichen dieselbe 
Hintergrundmusik abspielen. 
Mit dem „MultiZone Player“ können mehrere Räumlichkeiten mit jeweils unterschiedlicher 
Musik bespielt werden. Dabei kann man aus 19 vorgefertigten Musikgenres und Playlisten 
mit 35.000 Titeln auswählen. Das Musik-Streaming-Angebot besteht dagegen aus einem 
Mini-Touch-PC mit bis zu 35 unterschiedlichen Musik-Streaming-Kanälen. 
Eine intelligente Musikimportfunktion aktualisiert per vollautomatischem Download 
die Musikdatenbanken.

www.gastro-media.at

Würzen mit Schall

Noch einen Schritt weiter geht das sogenannte „Sonic Seasoning“ – das Würzen mit Schall. Das heißt, wie süß, sauer oder bitter ein Gericht schmeckt, lässt sich durch Musik beeinflussen. Untersuchungen von Charles Spence, Professor für Psychologie an der University of Oxford zeigten, inwieweit das Geschmackserleben von anderen Sinneseindrücken abhängt. Er ließ Probanden ein Stück Toffee essen, das Zucker und Bitterstoffe enthielt, während ihnen hohe oder tiefe Töne vorgespielt wurden. Die Testpersonen berichteten von unterschiedlichen Geschmackseindrücken: Bei hohen Tönen schmeckte das Toffee süßer und bei den tiefen Tönen dominierten die Bitterstoffe.

Essen, Musik und Geräusche haben Sternekoch Andreas Senn vom Senns Restaurant aus Salzburg und der Grazer Sound-System-Hersteller und Klangforscher Markus Platzer von POET Audio zu einem multisensorischen Gesamtkunstwerk zusammengemixt. Bei ihrem „Audio Dinner“ im vergangenen September verschmolz das Gourmetmenü des einen mit den Klängen des anderen. Ziel war nicht das offensichtliche Zusammenpassen von Sound und Gerichten, sondern eine Überlagerung der Gefühlswelten, die sowohl die Musik als auch das Essen erzeugen. Der Spitzenkoch sieht das als logische Erweiterung seines Verständnisses von absoluter Qualität auf dem Teller: „Wir dürfen den Hörsinn unserer Gäste nicht mehr länger vernachlässigen. Es war auch für uns etwas ganz Neues, dass bewusstes Hören bei einem Menü sehr viel zur Stimmung beiträgt. Deswegen wollten wir bewusst ein wenig provozieren“, erzählt der Koch.

Senn und Platzer haben lange an der Speisenfolge und der passenden Musik getüftelt. Serviert wurde schließlich eine Mischung aus Neuem und Altbekanntem: Zur Bachforelle mit Artischocke lief Lady Gaga, zur Gänseleber mit Feigenblatt zwitscherten Vögel und zum Hummer mit Pfirsichen servierten Damen im Dirndl, die mit tragbaren Lautsprechern durch den Raum gingen, Calypso-Klänge von Harry Belafonte. „Hells Bells“ von AC/DC beendete das siebengängige Menu, passend zur Location in der alten Glockengießerei, in der sich Senns Restaurant befindet. „Der Abend war wahrscheinlich mit einem Theater- oder Konzertbesuch zu vergleichen. Zu dem auch ein fulminanter Abschluss gehört, der im Gedächtnis bleibt und eben auch im Ohr“, schmunzelt Senn.

Beschallt wurde das Dinner auf drei unterschiedlichen High-End-POET-Sound-Systemen (sinfonetta, pandoretta und drei portable zero) im Wert von circa 50.000 Euro. Auch andere Sternerestaurants wie das Amador in Wien setzen auf die Grazer Technik.

Sound- und Musiksysteme

Die Auswahl an Anbietern ist mittlerweile riesig. Vom High-End-Gerät wie zum Beispiel von POET oder dem Bose-Professional-Beschallungssystem gibt es
für jeden Geldbeutel, jede Anforderung und jeden Sound-Virtuosen das Passende. Dabei ist es wichtig, die Anforderungen der Anlage für den eigenen Betrieb zu definieren. Dazu gehört zum Beispiel die Überlegung, welche Art von Musik wiedergegeben werden soll: Hintergrundmusik oder eventuell Live- und Clubmusik, welche Lautsprecher und wie viele benötigt werden.

Auch der gute alte Schallplattenspieler erlebt ein Revival. Manuel Mraz zum Beispiel setzt bei Mraz und Sohn ganz nostalgisch auf Vinyl. Dabei hat es einige Zeit gedauert, bis die beiden Brüder Manuel und Lukas den Vater von den Platten überzeugen konnten. Jetzt ziehen sie das Konzept schon seit fast sieben Jahren durch und die Gäste reagieren positiv: „Beim Plattenspieler ist eine gewisse Wärme da, die man durch kein anderes digitales Element bekommen kann“, schwärmt Manuel Mraz. Er arbeite im Restaurant mit der Technik von „Pro-Ject – Audio Systems“ aus dem Weinviertel. „Qualität ist mir dabei sehr wichtig. Eine gute Anlage oder ein gutes Instrument macht es eben noch schöner. Die Freude an der Musik lässt sich so duplizieren“, erklärt der Restaurant-Manager. Aber für ihn ist das Plattenspielen noch mehr: „Das Ende einer Platte, die Stille, die entsteht, ist magisch. Das ist für mich der spannungsreichste Moment. Die Spannung, die in dieser Stille liegt, kannst du mit dem lautesten Lied nicht erzeugen. Jedes laute Lied spürt man nur hart, wenn die Stille da ist. Das Wechseln der Platte ist dann fast schon meditativ, wie ein Reset, genauso wie das Ende eines Ganges – verdauen, durchatmen, setzen lassen, bis es weitergeht“, meint er.

// MASSGESCHNEIDERTER KLANG

Schon seit 2003 beliefert Radiopark alle 12 AIDA-Schiffe mit 
maßgeschneiderten MusikKonzepten. Dabei bespielt 
das Hamburger Unternehmen bis zu 12 Kanäle, für verschiedene 
Bereiche wie Restaurants, Bars, Spa oder die Lounge-Decks. 
Je nach Location, Saison, Tageszeit und Zielgruppe wird eine andere 
Klangumgebung geschaffen.

„WIR ALS GASTRONOMEN DÜRFEN DEN HÖRSINN UNSERER GÄSTE NICHT MEHR LÄNGER VERNACHLÄSSIGEN.“ (ANDREAS SENN, STERNEKOCH, SENNS RESTAURANT, SALZBURG)

Digitale Kuratoren

Wem das Plattenauflegen zu aufwendig ist, für den gibt es zahlreiche weitere Anbieter für komplette Soundlösungen am Markt. Bei Unternehmen wie der Stuttgarter Platinmusic, der Gastro Media GmbH aus Graz oder Roomvibes aus Wels kommt von der Musikgestaltung über die Akustik und Technik alles aus einer Hand. Hier variiert das Angebot stark und lässt sich an die Bedürfnisse des jeweiligen Betriebes anpassen: von allgemeinen Streamingkanälen, aber auch personalisierten Playlists mit Tageszeitanpassung, verschiedene Technik-Pakete für das Audio-Equipment bis zu Abo-Angeboten, Service und Support. „Ein Restaurant ohne Musik wird niemals funktionieren, wir nehmen den Betrieben die Arbeit damit ab. Gerade unter dem heutigen Gesichtspunkt des Personalmangels in der Gastronomie und Hotellerie. Das ist wie Strom aus der Steckdose – man muss sich um nichts mehr Gedanken machen“, wirbt Arndt-Helge Grap von Radiopark für die automatisierten Lösungen.

Ein großer Vorteil der Komplettlösungen ist auch, dass der Gastronom sich um die gewerbliche Nutzung der Musik keine Sorgen mehr machen muss, da die Kosten dafür von den Anbietern meist abgedeckt sind. Denn genau hier ist sonst Vorsicht geboten: Hintergrundmusik und Verwertungsgesellschaften wie GEMA und AKM sind ein heikles Thema. Es gilt Musiklizenzen, Gebühren und versteckte Kosten zu beachten. Hält man sich nicht daran, drohen hohe Geldbußen und Schadensersatz von mehreren tausend Euro. „Streamingdienste wie Spotify, Apple Music oder Deezer zu nutzen, die nicht für die gewerbliche Verwendung in der Gastro lizenziert sind, ist illegal und hart gesagt Kulturdiebstahl“, meint Arndt-Helge Grap. Und trotzdem spielt derzeit nicht einmal ein Fünftel der Betriebe Musik, die für die kommerzielle Nutzung freigegeben ist. Mit Komplettlösungen können Gastronomen sich auf sicheren Boden begeben.

Die richtige Musik für den eigenen Betrieb zu finden, sollte also auf mehreren Ebenen gut überlegt sein. Nicht zuletzt auch, weil sich die Mitarbeiter motivierter fühlen: „Es gibt doch nichts Schlimmeres als eine Playlist, die jeden Tag rauf- und runtereiert. Frag mal die Angestellten!“, meint Manuel Mraz.

„ES GIBT DOCH NICHTS SCHLIMMERES ALS EINE PLAYLIST, DIE JEDEN TAG RAUF- UND RUNTEREIERT.“ (MARKUS MRAZ, RESTAURANTLEITER, MRAZ & SOHN, WIEN)

Interview

„Musik ist ein Teil des Interieurs.“

Arndt-Helge Grap, Gründer von Radiopark und sein Musikchef Daniel Stoiber erklären, warum musik so wichtig ist, um Neue Gästegruppen zu erschließen, und warum immer noch der Mensch hinter den besten Playlists steckt.

Wieso braucht ein Restaurant die richtige Musik?

S: 58% der Leute hören während dem Essen gerne Musik, bei der Generation Z sind es sogar 82%. Das zeigt, wie wichtig Musik im Betrieb ist. Musik ist ein Teil des Interieurs, sie kann beeinflussen, ob sich Gäste wohlfühlen, länger bleiben, mehr konsumieren und auch gerne wiederkommen.

Gibt es in der Gastro bei diesem Thema Nachholbedarf?

G: Musik war in der Gastronomie schon immer wichtig, aber sie wird oft nicht gut gemacht. Weil viele glauben, sie können die Musik selbst zusammenrühren. Ich kann auch Spaghetti Bolognese machen, aber ein gelernter Koch kann es eben besser. Die Kuration ist nämlich das Entscheidende.
Dazu kommt die falsche Technik! Jedes Auto-Soundsystem ist heutzutage besser als die meisten billigen Anlagen in Restaurants. Du kannst die beste Musik zusammenstellen, wenn die Boxen Mist sind, klingt es einfach schlecht. Das ist ein riesiges Problem in der Backsound-Musik.

Fehlt die nötige Sensibilität für das Thema?

G: Vielen ist leider immer noch nicht bewusst, welche Kraft Musik hat. Mit der richtigen Melodie und der richtigen Anlage kann ich aktiv dafür sorgen, dass meine Gäste deutlich zufriedener sind und auch mehr Geld da lassen.

Welche Faktoren kann die richtige Musikauswahl beeinflussen?

S: Prinzipiell geht es immer darum, das Restaurantkonzept und das Interieur zu unterstreichen sowie die Corporate Identity zu unterstützen. Mit dem passenden Sound kann ich auch meine Zielgruppe bestimmen oder steuern, wie kurz oder lange meine Gäste im Restaurant bleiben. Backgroundmusik kann auch ein Mantel sein, der es erlaubt intime Gespräche zu führen. Da spielen die Art der Musik, Lautstärke, Tempo und die Qualität eine entscheidende Rolle.

Verändert sich der Markt?

G: Wir schauen zurück auf eine Generation von Musik-Suppliern, die gesagt haben: Hauptsache, sie ist instrumental, nervt nicht und ist „tapetig“ im Hintergrund. Das reflektiert aber nicht die Wichtigkeit und Tragweite der Musik. Sie ist die bedeutendste Kunstform, die wie kaum eine andere die junge Generation geprägt hat. Das Bewusstsein dafür ändert sich gerade – da tut sich ganz viel …

S: Auch die neue Gastronomen-Generation schaut genauer hin. Die Jungen sind mit Musik am Telefon aufgewachsen und kennen sich bestens aus! Das heißt, der Markt öffnet sich total. Die neuen Entscheider wissen genau, welche Titel und Technik zur Verfügung stehen. Auch die Hörgewohnheiten haben sich verändert.

 Wie gehen Sie bei der Kuration der Titel vor?

S: Eine der wichtigsten Fragen ist immer: Wie soll dein Publikum in drei Jahren aussehen? Gerade in der Sterneküche erleben wir derzeit einen Generationenwechsel. Die Silberrücken-Gäste sterben langsam aus. Da muss geschaut werden, wie ich die jüngere Generation anlocke, und das passiert natürlich auch über Musik. Musik ist immer ein Teppich, der ausgerollt wird und der dem entsprechenden Klientel Eintritt bietet.
Dann schauen wir natürlich auch auf Karte, Interieur und Restaurantkonzept. Auch die Umgebung spielt eine wichtige Rolle: Wie hoch ist die Käuferkraft, was ist mittags los, welche Firmen gibt es in der Umgebung usw.? Wir planen dann musikalische Zeitslots und die Übergänge von einer Zone zur anderen, überlegen uns, wann welche Musik funktioniert.
Studien besagen, dass ein Verhältnis von 60 % bekannten und 40 % unbekannten Songs die beste Mischung für ein Wohlfühlambiente ist. Und ist der Gast entspannt, sitzt der Geldbeutel lockerer.

Haben Sie ein Beispiel?

G: Das Atelier F – French American Cuisine in Hamburg. Die Vorgaben liegen bereits im Namen: Französische Musik muss in die Rotation und auch amerikanische. Auf der anderen Seite ist es ein sehr hipper Laden, also mischen wir noch Bossa, Soul oder Lounge dazu. Dann muss ich festlegen, ob ich es mittags aggressiv haben will oder eher gediegener zum Businesslunch. Am Abend geht hier die Cocktailsonne auf, da brauchen wir eine völlig andere Musik. All das wird von uns geplant. Hier sind ganz viele Kriterien entscheidend: welches Repertoire, Tempo, Zeitzone und auch die Dramaturgie.

Was halten Sie von randomisierten Playlists über Streamingdienste wie Spotify?

G: Mit einem zusammengeholzten Spotify-Algorithmus aus 50 Liedern kommt man nicht weit. Wir liefern unseren Kunden jeden Tag eine neue kuratierte Playlist – das ist Maßkonfektion. Unsere Redakteure legen das Format und die Titel fest. Ein Computer sorgt dann dafür, dass die Lieder immer wieder neu zusammengestellt werden. Das sind in der Rotation mehrere hundert Lieder pro Tag. Die 200 Lieder zu finden, die punktuell den Unterschied machen, ist das Entscheidende, und das liefern wir unseren Kunden.
Bei einem Kreuzfahrtschiff wie der AIDA mit mehreren Restaurants, Bars, Fitnessclubs etc. haben wir über 20.000 Titel an Bord.

Wohin geht der Trend bei Ihren Kunden?

S: Der Trend geht klar in zwei unterschiedliche Richtungen: Industrialisierung und Standardisierung, siehe Restaurantkette, oder zur Individualisierung und Personalisierung, Stichwort Sternerestaurant oder Boutique-Hotel. Beides hat seinen Reiz.

Vielen Dank für das Gespräch! 

 

Radiopark

Radiopark ist ein führender Anbieter professioneller Musiklösungen für Hotels, Restaurants, Einzelhandel und Events. Arndt-Helge Grap ist Musiker und arbeitete als Moderator bei Radio Hamburg, bevor er das Unternehmen 2003 gründete. Daniel Stoiber begann seine Karriere als DJ. Nach seinem Studium zum Tonmeister und Musikproduzenten gründete er das Label Karmaloft Music. Zeitgleich begann er mit Ketchup Music als einer der Ersten das professionelle Kuratieren von Playlists und gebrandeten Sendern.

 

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